Standort  Weltspiegel-Kino

In Mettmanns idyllischer Oberstadt rund um den Markt findet man kleine inhabergeführte Geschäfte und Manufakturen, geschichtsträchtige Villen und historische Hinterhöfe.

 

Hier existiert auch noch das älteste noch bespielte Kino Deutschlands von 1907, das bis vor einigen Jahren noch als Familienbetrieb in dritter Generation geführt wurde. Nach Übernahme und Umbau gilt es zudem als derzeit modernstes Kino Deutschlands.

Standort Weltspiegel-Kino


Mit dem Regen kam das Kino

Der Sonntag nach Johannis im Jahre 1907. Auf dem Platz an der Düsseldorfer Straße, gegenüber der Kratzenfabrik von Peter Wolters, sollte die beliebte Kirmes stattfinden. Alles war vorbereitet, Mettmann mit Fähnchen und Girlanden bunt herausgeputzt. Karussells standen bereit, sich wild zu drehen, in den vielen Verkaufsbuden warteten die feinsten Sachen darauf, in die Welt getragen zu werden und die Moppenbude rechnete, wie immer, mit hohen Besucherströmen. Heute denken wir an Geld, wenn man von „Moppen“ spricht, Anfang des 19. Jahrhunderts lief den Mettmannern bei der Erwähnung dieser leckeren Plätzchen vom gelernten Konditor Joseph Roßlenbroich jedoch das Wasser im Munde zusammen. 

 

Die Menschen aber blieben aus! Der Regen fiel in Strömen über die Kirmes her! Dunkle Wolken zogen auf. Herr Roßlenbroich würde auf seinem leckeren Gebäck sitzen bleiben und die ausbleibenden Besucher würden keine „Moppen“ ausgeben können, um sich von bunten Karussells in alle Himmelsrichtungen schleudern zu lassen, während sie sich die Süßigkeiten zu Gemüte führen würden. So machten alle lange Gesichter. Und eines war noch ein wenig länger: das Gesicht des armen Kinematographen-Operateurs. Dieser bangte um seine dringend erwarteten „Moppen“ in seiner gähnend leeren Kasse. Hatte er doch etwas, was man in Mettmann noch nie gesehen hatte: „Lebende Bilder“. Der Regen schwemmte sie vorerst hinfort.

 

Josef Roßlenbroich, nicht nur allseits beliebter Konditor, sondern auch Leiter des Schützenhofes, schlug ihm vor, sein Vereinszimmer zu mieten und die Vorführungen dort zu geben. Und so gab es die „Lebenden Bilder“ doch und Mettmann war begeistert, noch weit über die Kirmes hinaus. Der arme Kinematographen-Operateur aber konnte die Miete nicht begleichen, verschwand und war fortan nur noch selten gesehen. In höchster Eile entschwunden, ließ er seine Apparate zurück und so entstand das Abkommen, dass diese „bilderwerfenden“ Wundermaschinen von nun an Herrn Roßlenbroich gehören sollten und der Kinematographen-Operateur sein Verschwinden völlig schuldenfrei begehen konnte. Für die noch nicht ganz zehntausend Einwohner in Mettmann wurde somit der Grundstein für eine neue Vergnügungssparte gelegt, die alles andere in den Schatten stellen sollte. 

 

Die Welt im Spiegel

 

Am 2. August 1907 hielt Josef Roßlenbroich der Welt den Spiegel vor das Gesicht und achtzig Mettmanner konnten in diesem für 80 Pfennig einen Blick auf sie werfen, während sie Bier, Limonade und Süßigkeiten genossen. Eines der ersten Kinos in Deutschland war geboren und eine filmreiche Geschichte begann. Ein mystischer Ort war entstanden, an dem sich fast das gesamte Kulturleben Mettmanns abspielte und sämtliche Theater- und Musikbühnengastspiele stattfanden. Das „Weltspiegel-Kinocenter“ zählt heute zu den ältesten Lichtspielhäusern Deutschlands und wurde über drei Generation als Familienbetrieb geführt. 

 

Das altehrwürdige Kino an der Düsseldorfer Straße erlebte Ende 2016 seine Neueröffnung. Der Traditionsname „Weltspiegel“ blieb – doch im Innern der historischen Fassade wurde das Lichtspielhaus unter neuer Regie einer Kernsanierung unterzogen.

 

Die Reise startete einst mit 3.773,50 Mark und sollte über den Stummfilm bis hin zum heutigen 4D-Film andauern. Mehr als 100 Jahre strahlende Weltgeschichte im Herzen von Mettmann!

Autor: Marek Heindorff


Bild:

Kinematograph um 1910

Kinematograph um 1910